Nachdem Viskose in den vergangenen Jahrzehnten auf dem Rückzug war und von vollsynthetischen Stoffen wie Nylon, Polyester und Polyacryl ersetzt wurde, scheint die vor allem umweltbewußten Textilproduzenten wieder auf die naturnahe Kunstfaser zu setzen. Doch welche Eigenschaften zeichnen Viskose-Textilien eigentlich aus? Wie pflegt man sie richtig und warum gilt sie heute wieder als besonders nachhaltiges Material?
Viskose – weich, glatt und farbbrillant
Als Viskose Anfang des vergangenen Jahrhunderts den Textilienmarkt eroberte, sollte es beim Käufer vor allem Assoziationen zur Seide wecken. So ist es nicht verwunderlich, dass auch Viskose besonders glatt und weich ist und dabei wahlweise matt oder seidig glänzt.
Charakteristisch ist darüber hinaus ihre außergewöhnlich gute Feuchtigkeitsaufnahme. Viskose kann bis zu 400 % des eigenen Gewichts an Wasser aufnehmen. Das verhindert zum einen unangenehmen Schweißgeruch auf dem Gewebe und sorgt zum anderen dafür, dass sich Viskose besonders gut zum Einfärben eignet. Aufgrund der industriellen Herstellung besitzt Viskose einen besonders gleichmäßig gewirkten Faden, was für eine einmalig gleichmäßige Optik der daraus hergestellten Stoffe sorgt. Die Farbbrillanz hält sich bei Viskose-Textilien übrigens auch nach zahlreichem Waschen.
Geringe Strapazierfähigkeit und leichtes Knittern
Obwohl in vielen Eigenschaften der Baumwolle sehr ähnlich hält Viskose die Wärme nicht so gut. Das macht sie allerdings gerade für leichte Sommerkleidung so attraktiv. Die besonders feine Strukturierung der Fasern macht Viskose außerdem besonders empfindlich.
So sind Viskose-Stoffe nicht dehnbar, neigen zum Knittern und sind darüber hinaus auch nicht besonders reißfest und strapazierfähig. Die empfindlichen Fasern können bei zu sorglosem Umgang brechen oder reißen, was dann beim Waschen zum Aufquellen führt und ebenfalls die Nassfestigkeit vermindert.
Modal und Lyocell
Modal- und Lyocellfasern bestehen wie Viskose ebenfalls zu 100% aus Zellulose und werden in einem ähnlichen Verfahren hergestellt. Der Ausgangsstoff des sogenannte Modal ist dabei allerdings ausschließlich Buchenholz, was bessere Eigenschaften der Fasern, wie zum Beispiel eine höhere Festigkeit als bei Viskose verspricht.
Modal besitzt außerdem eine bessere Fähigkeit, Feuchtigkeit auszunehmen und trocknet schneller. Modal wird aufgrund seiner Eigenschaften vorzugsweise „hautnah“, also in Bett- und Unterwäsche eingesetzt. Der wahre Meister an Faserfestigkeit unter den Zellulosefasern ist allerdings Lyocell. Die Basis hier: Eukalyptusholz. Der Herstellungsprozess gilt als besonders umweltschonend. Im Gegensatz zu Viskose sind Lyocell-Garne außerdem extrem reißfest und lassen sich auch maschinell schleudern und trocknen.
Die richtige Pflege – Waschen nie über 40 Grad
Textilien mit einem hohen Viskose-Anteil sollten nie über 40°C und dann am Besten mit einem Feinwaschmittel gereinigt werden. Die Trommel sollte lediglich zu einem Drittel gefüllt sein und die Waschmaschine im Schonwaschgang laufen. Trockner und Schleudergang sind bei Viskose-Textilien tabu. Eine optimale Pflege wird mit tropfnassem Aufhängen erreicht.
Das sollte allerdings kein großes Problem darstellen, da Viskose aufgrund seiner guten Feuchtigkeitsabgabe ohnehin schnell trocknet. Um Flecken zu beseitigen empfiehlt sich der Einsatz von Gallseife. Gebügelt wird – ähnlich wie bei Seide – am besten ungetrocknet, mit niedriger Temperatur und unter einem feuchten Tuch.
Viskose – besonders umweltschonend
Viskose-, Lyocell- und Modalfasern bestehen, nach allen Verarbeitungsschritten zu 90 % aus Zellulose und zu 10% aus Wachs und Pektin (natürliches Geliermittel). Deshalb trifft die Bezeichnung natürliche oder naturnahe Kunstfaser zu. Im Gegensatz zu vollsynthetischen Kunstfasern wie Nylon, Polyester oder Polyacryl werden Viskose-, Lyocell oder Modalfasern aus dem regenerativen Rohstoff Holz, vor allem aus dem von Buchen, Pinien, Fichten, Eukalyptus und Bambus gewonnen. Das macht diese Stoffe besonders umweltfreundlich. Zunächst ist der Wasser- und Energieverbrauch bei der Herstellung wesentlich geringer als bei Baumwolle. Der Einsatz von Pestiziden und Herbiziden entfällt. Außerdem sind die Fasern biologisch abbaubar und tragen bei ihrer Verbrennung nicht zur Erhöhung des CO2-Gehaltes in der Atmosphäre und damit zum Treibhauseffekt bei. Allerdings kommen beim Viskose-Herstellungsprozess giftige und hochentzündliche Chemikalien wie Schwefelkohlenstoff und Schwefelwasserstoff zum Einsatz. Absolutes Vorbild: Lyocell. Hier sind die Lösungsmittel umweltschonend und der Stoffkreislauf geschlossen.
Die Zukunft von reinen Chemiefasern und Baumwolle ist ungewiss. Erdöl (elementarer Bestandteil von Polyester oder Polyacryl) wird knapper, Ackerflächen und Wasser (Baumwolle braucht extrem viel davon) zu begehrten Ressourcen. Das sorgt schon jetzt für eine Renaissance von Fasern aus Naturstoffen wie zum Beispiel Viskose. Allerdings wird heute längst mit anderen Materialien als Holz experimentiert. Und so könnten sauer gewordene Milch oder Mais- und Tofu-Abfälle schon bald die Grundlage für eine neue „Viskose“ schaffen. Es wäre die späte Rückkehr der ältesten, aller Kunstfasern an die Spitze der Textilproduktion.
Erfahre alles über die Geschichte der Viskose!
Geschichte der Viskose – und was ist eigentlich Rayon?
freier Journalist für die Berliner Zeitung, Mitteldeutsche Zeitung und das CarlMarie Magazin