Ist es auch IHM erlaubt, sich in IHRER Dessous-Abteilung zu bedienen? Die Antwort lautet: Ja. Denn mittlerweile greift auch ER immer häufiger zum Spitzenslip, zum G-String oder gar zum Set aus Höschen und BH. Der neue Trend heißt Mengerie (eine Kombination aus Men und Lingerie) und hat mittlerweile namhafte Mode-Designer auf den Plan gerufen.
Es war bisher nur den Frauen vorbehalten, ihre „Vermögenswerte“ in provokativen Dessous aus Seide oder Spitze erstklassig aussehen zu lassen. Gut, auch viele homosexuelle Männer hatten schon immer einen Sinn für eher besondere Unterwäsche. Und auch heterosexuelle Cross-Dresser mochten es, sich in IHRE Dessous zu kleiden. Aber der Mann von Nebenan, der setzte doch eher auf gemütliche Underwear aus Baumwolle, Mikrofaser oder Modal. Doch in Zeiten, in denen sich Geschlechterrollen verschieben, musste auch diese kulturelle Norm irgendwann fallen.
Auf dem Weg zu einem authentischen Selbst haben sich die klassischen Rollenklischees längst verwischt. Fashion-Designer spielen schon lange mit den traditionellen Modecodes von Männern und Frauen. Warum also bei Dessous aufhören? Die Figur des Dr. Frankenfurter hat es im Kultfilm „Rocky Horror Picture Show“ vorgemacht und nun gibt es in den sozialen Medien immer häufiger Fotos von richtigen Kerlen, die sich bei typisch männlichen Aktivitäten wie beim Rasieren oder beim Herumliegen mit der Freundin in richtigen Dessous präsentieren und dabei eine großartig visuelle Unterwanderung von heterosexuellen, maskulinen Idealen betreiben. Ob Mann oder Frau, Homo, Bi oder Hetero, ob Hose oder Rock – anything goes. Und morgen kann alles schon wieder ganz anders sein. Letztlich können Männer nun endlich auch verstehen, wie schwierig es sein kann, Seide und Spitze richtig zu tragen – und sie nicht nur in Fetzen zu reißen.
MANN findet nun endlich auch Dessous, die seiner Anatomie angepasst sind
Bis vor einigen Jahren war es für einen Mann mit einer Vorliebe für provokative Reizwäsche nahezu unmöglich, das richtige Angebot zu finden. Wenn er darunter etwas Aufreizendes tragen wollte, dann beschränkte sich das Angebot auf eine Boxer-Short von Calvin Klein oder den Feinripp-Slip von Schiesser. Ansonsten blieb ihm nur der Gang in die Damenabteilung. Dabei ist die dort erhältliche Reizwäsche natürlich überhaupt nicht für die männliche Anatomie konzipiert. Ganz zu schweigen von der unnötigen Scham darüber, etwas zu verlangen, was nach den traditionellen gesellschaftlichen Vorstellungen gar nicht für einen gemacht war.
Doch Ausgrenzung und Mangel an Angebot war gestern. Denn längst haben zahlreiche Unternehmen damit begonnen, typisch „weibliche“ Unterwäsche für die Anatomie eines Mannes zu konzipieren.
Das Angebot reicht dabei von Spitzen-Bodies über Netzwäsche bis zu sexy Strumpfhosen. Slips, Strings und Tangas sind transparent, enganliegend und bekommen damit einen frivolen, wenn nicht gar einen leicht versauten Touch. Mengerie – die Lingerie für Männer hält auch zarte Höschen aus Tüll, Spitze oder Mesh bereit. Er zeigt damit Mut zum Risiko und einen satten Schuss Extravaganz. Wer sich für die scharfen Stücke interessiert, wird übrigens auch in unserem Shop fündig. Der Hip String des deutschen Herstellers Manstore zum Beispiel ist aus einem teiltransparenten, dünnen Stoff, der ein florales, glänzendes Muster zeigt. Das Highlight der Manstore-Serie ist mit Sicherheit der Spitzen-V-Neck-Body für Männer. Dieses maskuline Dessous besteht komplett aus italienischer Stretchspitze und ist mit einem Motiv aus Blumen und Ranken verziert. Das reizvoll transparente Modell bedeckt Rumpf und Arme vollständig und entblößt den Po aufreizend in seinem unteren Drittel. Ebenfalls aus Deutschland ist das Modelabel Glamory, welches nicht nur elegante Strumpfmode für Damen, sondern auch sexy Strumpfhosen für Herren anbietet.
Mengerie – Frauen lieben es
Die Reaktion der Männer auf den neuen Trend reicht von Liebe über Interesse bis zur puren Ablehnung. Doch Frauen scheinen die Dessous für den Herren wirklich zu mögen. Roman Stipe, der mit Menagerie eines der ersten Mengerie-Label gründete, stellte in einem Interview überraschend fest, dass im Anfangsstadien seines Unternehmens 50 Prozent seiner Kunden Frauen waren, die bei ihm einkauften, und es auch vorwiegend Frauen waren, die seine Instagrambilder kommentierten und weiter verlinkten. Frauen, so Stipe, würden an Männern neben der Intelligenz vor allem ihren Humor schätzen. Und der Auftritt in einem sexy Tanga oder einer femininen Strumpfhose könnte die Stimmung im Bett enorm steigern. Es lässt sich also sagen: Männer, die Dessous tragen, sind sowohl sexy als auch urkomisch und damit für die Damen eine überaus gewinnbringende Kombination im Spiel der Verführung. Die australische Mengerie-Firma Homme Mystere beschreibt ihre Hauptkunden übrigens als „männlich, verheiratet und älter als 40 Jahre alt“. Der Käufer von frivolen Dessous für den Mann, das hat eine Umfrage ergeben, lebt dabei zu 90 Prozent in einer heterosexuellen Beziehung und ist besonders aufgeschlossen für neue aufregende Erfahrungen und den Erwerb von luxuriöser Underwear.
Warum Männer Dessous tragen?
Bei aller Modernität und Toleranz bleibt es für viele natürlich ein ungewohnter Anblick, einen Männer-Po in zarter und transparenter Spitze oder einen durchtrainierten Oberkörper in einem Seiden-Body oder gar von einem BH bedeckt zu sehen. Doch er sollte nicht vergessen, dass es genau das Unerwartete und Verwegene ist, was eine besondere Sexyness verleiht. Und wer hätte noch nicht gern erlebt, wie erstaunlich und aufregend es sich für eine Frau anfühlt, wenn sie sich in aufregende Dessous kleidet. Warum sollte sich dem Mann nicht wenigstens einmal die gleiche luxuriöse Erfahrung bieten?
freier Journalist für die Berliner Zeitung, Mitteldeutsche Zeitung und das CarlMarie Magazin
Schön, dass es mal angesprochen wird!
Ich selbst trage auch gerne schöne Wäsche, und bediene mich dann und wann in der „anderen“ Abteilung. Ich bin nicht schwul oder sonstwie „anders“ veranlagt, verheiratet mit Kinder, ende 40. Nach ein paar Jahrzehnten in den immer selben Dreierpack Baumwollslips hat man es irgendwann satt. Eines Tages ging ich mit meiner Frau durch den Dessousbereich eines großen Kaufhauses, und war baff was es da alles schönes gibt. Ich habe mich sofort in die Stoffe verguckt.
Mir gefallen vor allem die weichen Stoffe, ich stehe da mehr auf schlichte Eleganz, trage aber auch gerne Bodies. Leider sind die mit Körbchen nicht verwendbar, ohne Körbchen schon eher, und dann oft leider zu kurz. An Bodies gefällt mir vor allem das Gefühl gehalten zu werden, das ist einfach nett. Auch sehr praktisch unterm Hemd, denn da nervt es immer, dass das Unterhemd aus der Hose rutscht, das Oberhemd aber nicht. Das sitzt bei einem Body immer perfekt. Untenrum habe ich keine Probleme, ein bisschen breiter könnte der Schritt-Teil sein, dann wäre es perfekt. Warum also nicht mal einen Damenbody etwas modifizieren, Abnäher an der Brust weg, 10 cm länger, Schritt etwas breiter, würde perfekt passen. Mit den Haken und Ösen komme ich besser zurecht als meine Frau, das klappt also schon. Wir sind da fingerfertiger als man denkt.
Ich trage da gerne Unterhemden von Triumph, wie die Trendy Sensation Reihe. Die sind vom Stoff her toll und passen sehr gut. Die Shaping-Exemplare machen auch den Männerbauch etwas flacher, unterm engen Tshirt sieht man so einfach besser aus. Die Wendeshirts die nun leider auslaufen waren der Hit, selten so weichen Stoff auf der Haut gehabt.
Und dann die Farben, warum gibt es die nur für Frauen?
Ich finde die ersten Versuche der Hersteller recht ermutigend, sie schießen aber eher übers Ziel hinaus und sehen dann immer so aus wie Teile vom Erotikkatalog. Außerdem stecken da immer Mr. Universums drin, völlig daneben finde ich. Packt da doch mal normale Leute rein, schlank ok, aber mit üblichen Muskelmengen. Dann sieht das gleich viel besser aus. Und die Spitze muss auch nicht immer sein, weniger ist mehr.
Ich finde HOM macht das ganz gut, wobei die ihren Ehrgeiz wieder zurück gefahren haben, leider. Die Plume-Reihe ist aber sehr schön, wenn auch sehr schlicht. Bruno Banani ist sonst mein Favorit.
Übrigens trage ich im Winter dann und wann auch Strümpfe, also blickdichte halterlose Strümpfe. Die sind schön warm und wesentlich netter zu tragen als eine lange Unterhose, da schwitzt man irgendwann an Stellen wo man es nicht brauchen kann. Aber auch da ist es schwer dickere Strümpfe zu bekommen die dann auch lang genug sind.
Ich hätte enorm viele Ideen was man da alles machen könnte, da steckt viel Potential drin, aber ich fürchte es wird noch sehr lange dauern bis sich da wirklich etwas ändert, zu fest gefahren ist die Modeindustrie, was man auch bei der Oberbekleidung sieht.
PS: Meiner Frau ist es recht egal, steht dem eher neutral gegenüber. Sie selbst gibt nichts für schöne Wäsche, von daher bin ich da schicker unterwegs als sie 🙂
Hallo Luigi,
vielen Dank für Deinen Kommentar. Wir leiten Deine Hinweise gern direkt an die entsprechenden Marken weiter.
Viele Grüße, Dein Sunny-Team!
Auch wenn der Artikel jetzt schon eine Weile zurückliegt, möchte ich mich zu diesem Thema auch gerne noch äußern. In vielen Punkten, die mein Vorredner angesprochen hat, kann ich nur zustimmen und plädiere für aufregendere und vor allem hochwertigere Wäsche für IHN. Auch ich bin hetero, verheiratet und ein normaler Typ mittleren Alters. Ich ärgere mich immer wieder wie einfallslos die Männerunterwäsche im Vergleich zu Damenunterwäsche designt ist. Bei den Boxershorts gibt es doch eigentlich nur Variationen des Hüftbandes mit den viel zu großen Brandings. Und außer einem Shirt in Tee- oder Tank-Form gibt es dann auch nicht viel mehr für uns Männer. Da beneide ich schon die Wäsche- und Materialvielfalt bei den Damen. Mit der Zeit habe ich für mich herausgefunden was ich gut tragen kann und vor allem welche Marken. So fallen für mich Neckholder, variable Träger und geformte Körbchen raus. Auch gewisse Marken wie BeeDees, Passionata funktionieren bei Männern nur schlecht, einfach weil diese zu knapp geschnitten sind. BHs/Bustiers/Bodies o.Ä. von beispielsweise Triumph funktionieren aufgrund der großen Körbchen für mich nicht, die von der Marke Huit mit einem A-Körbchen aber schon. Hier würde ich mir wünschen, dass sich die traditionellen Hersteller von Damenwäsche gar nicht so sehr den Kopf zerbrechen um auf Biegen und Brechen eine Herrenkollektion wie HOM herausbringen sondern einfach, wie mein Vorredner schon angemerkt hat, einfach die entworfenen Wäschestücke in einer zweiten “M”-Variante anbieten, welche vom Schnitt der männlichen Anatomie angepasst wurde. Soll heißen: Körbchen weg und Schritt erweitern …und das recht doch auch schon!
Auch wenn ich es begrüße, dass es Marken wie Manstore und Bodyaware gibt, so bin ich weder mit deren Qualität noch vom Schnitt und Design einverstanden und bleibe daher lieber bei den etablierten Damenwäschemarken, da mir dort die Materialien, Farben und Schnitte besser gefallen.
Ich sehe Dessous als Geschlechterneutral und diese sollten auch nicht mit der eigenen Geschlechtsidentität in Verbindung gebracht werden, da das zwei verschieden Paar Schuhe sind. Es sind nur Kleidungsstücke und wir Männer haben einfach nur Modegeschmack und stehen auf die “luxuriöse Erfahrung”.
Gruß, Stefan