Er nimmt sich die Jüngere, weil er in die Midlifecrisis gerät, sie den Sugar-Daddy, weil er ihren Luxus bezahlt. Und die Mittfünfzigerin angelt sich den 20-Jährigen, um sich nochmal genauso alt und attraktiv zu fühlen. Doch was steckt wirklich in diesen Beziehungen mit dem gewissen Etwas? Geht es hier um Liebe und wenn ja, hat sie auf die Dauer wirklich eine Chance? Welche prominenten Beispiele gibt es für ihr Gelingen? Und welche Gründe sprechen für eine Beziehung zu einem wesentlich jüngeren oder älteren Partner? Wir von CarlMarie sind diesen Fragen nachgegangen und präsentieren Euch die Antworten in 3 Teilen.
Paare mit einem großen Altersunterschied werden immer noch mit größter Skepsis betrachtet. Auch weil eine solche Partnerschaft sich stark von der allgemeinen Erwartungshaltung unterscheidet und von der Norm abweicht, sind immer noch viele Menschen irritiert. Und das führt wiederum dazu, dass der Mut mit einem solch großen Unterschied des Alters zu experimentieren, gering ist. Dabei gäbe es vor allem für Frauen soviel mehr Wahlmöglichkeiten. Und Frauen wie Männer sind diesem Lebensmodell eigentlich nicht abgeneigt, das zeigen immer wieder Umfragen.
Zwar bevorzugen beide Geschlechter den Partner im ungefähr selben Alter, sind aber überaus offen, auch mit jemandem zusammenzuleben, der 10 bis 15 Jahre jünger oder älter ist. In Wirklichkeit sind diese Beziehungen aber in der westlichen Welt eher selten. Während in einigen afrikanischen Ländern aufgrund des traditionellen Versorgungsmodells etwa 30 Prozent der Ehen einen großen Altersunterschied aufweisen, sind es in den westlichen Ländern nur etwa 8 Prozent. Dabei sind es wiederum nur sehr selten Frauen, die mit einem jüngeren Mann zusammenleben. In den homosexuellen Beziehungen wiederum leben 25 Prozent der Männer und 15 Prozent der Frauen in einer dauerhaften Beziehung mit sehr viel jüngeren oder sehr viel älteren Partnern.
Über Attraktivität und Ressourcen
Wie immer, wenn es um Partnerschaft und Sexualität geht, gibt es vor allem auch evolutionäre Erklärungen für unsere Motivationen. Dabei ist bereits viel geschrieben worden über den Reiz der Beziehungen zwischen einer sehr viel jüngeren Frau und einem sehr viel älteren Mann. Es wird davon ausgegangen, dass die Attraktivität dieses Modells vor allem die sogenannte reproduktive Fitness betrifft. Dabei geht es um „gute Gene“, angezeigt durch Attraktivität und Vitalität, und die „gute Investition“, angezeigt durch Status und die Ressourcen „Wärme“ und „Vertrauen“.
Und obwohl Männer und Frauen Wert auf einen Partner legen, der kuschlig und vertrauenswürdig ist, legen Frauen mehr Wert auf den Status und die Ressourcen ihres männlichen Partners. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass Frauen die Kinder zur Welt bringen und deshalb viel Zeit und Mühe in deren „Aufzucht“ investieren. Sie brauchen dafür vor allem materielle und mentale Unterstützung. Aber weil der Aufbau von Ressourcen Zeit braucht, neigen wir dazu, Wohlstand später im Leben zu erwerben, und sind daher älter, wenn wir genug Reichtum und Ressourcen erworben haben, um andere bequem versorgen zu können. Das macht einen Großteil der Attraktivität des älteren Mannes für jüngere Frauen aus. Umgedreht ist es vor allem die Attraktivität und Jugend der Frauen, die dem älteren Mann signalisieren, dass er hier noch größere Chancen auf eine „Reproduktion“ sieht.
Allerdings hat dieses evolutionäre Erklärungsmodell seine Grenzen, erklärt es doch nicht, warum mittlerweile auch viele Frauen auf deutlich jüngere Männer abfahren und warum der Altersunterschied vor allem bei gleichgeschlechtlichen Paaren sehr viel höher ausfällt als bei Heterosexuellen.
Große Alterslücke = höhere Beziehungszufriedenheit?
Zwar sind diese Beziehungsmodelle selten und gehen auch noch selten sehr lange gut. Wenn sie aber funktionieren, dann offenbar sehr viel besser als bei Paaren im selben Alter. In einer solchen Partnerschaft lässt sich zumindest ein Teil nicht mehr so stark von Gefühlen leiten. Es geht nicht mehr so sehr um die Befriedigung von romantischen Sehnsüchten sondern eher um Vertrauen und Engagement. Die Intensität der Eifersucht ist deutlich geringer und die Beziehungszufriedenheit höher. Das berichten Statistiken zufolge über Dreiviertel der Paare, in denen eine junge Frau mit einem älteren Mann zusammenlebt.
Bei gesellschaftlicher Missbilligung nimmt das Trennungsrisiko zu
„Wenn ich 20 Jahre älter wäre als meine Frau, würde niemand eine Sekunde lang denken, dass wir nicht rechtmäßig zusammen sein können. So aber sagen die Leute: Sie ist 20 Jahre älter, das kann gar nicht gut gehen.“ Das sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in einem Interview über Urteile der Öffentlichkeit zu seiner Ehe. Tatsächlich ist es so, dass alle Paare mit einer größeren Alterslücke in irgendeiner Form soziale Missbilligung erfahren. Und mit diesen Belastungen und Beurteilungen der Außenwelt steigt auch das Risiko, dass es hier zu einer vorzeitigen Trennung kommt.
Aber es gibt natürlich auch interne Schwierigkeiten, mit denen eine solche Beziehung belastet ist. So macht es schon einen Unterschied, ob die Alterskluft von zehn Jahren zwischen einer 20-Jährigen und einem 30-Jährigen oder zwischen einem 55-Jährigen und einer 65-Jährigen existiert. Wir alle durchlaufen verschiedene Lebensphasen und sehen uns in gewissen Altern eher prädestiniert, spezifische Aufgaben zu meistern als in anderen. Und diese Unterschiede und Wachstumsphasen sind in jungen Jahren einfach deutlich größer und häufiger als im höheren Alter. Dagegen stehen Inhalte einer Beziehung wie ähnliche Werte, Überzeugungen, Interessen, Ziele, die Spaß, Vertrauen und Intimität schaffen, und bei denen es überhaupt gar keine Rolle spielt, wieviel älter oder jünger der Partner ist.
Haben Beziehungen mit einem großen Altersunterschied geringere Chancen auf Erfolg?
Glaubt man einigen Statistiken, dann dürfte die sogenannte „Beziehungsarbeit“ in Partnerschaften mit großem Altersunterschied allerdings deutlich härter ausfallen, als bei denen mit mehr oder weniger Gleichaltrigen. Nach einer Studie der Universität von Atlanta, bei der 3.000 Personen analysiert wurden, kam heraus, dass das Trennungsrisiko zwischen Männern und Frauen am geringsten ist, wenn der Altersunterschied nicht mehr als ein Jahr beträgt. Bei einer Differenz von fünf Jahren sprang das Risiko eines vorzeitigen Endes schon von drei auf 18 Prozent. Bei zehn Jahren auf 39 Prozent und bei mehr als 20 Jahren auf schockierende 95 Prozent.
Ganz stark im Trend: Ältere Frau liebt jungen Mann
Frauen spielen heute eine immer größere Rolle im Berufseben. Sie sind deshalb auch finanziell deutlich unabhängiger als noch vor 30 Jahren. Es ist sogar mittlerweile so, dass immer mehr Frauen auch einen Mann ernähren können. Und daraus resultiert, dass immer mehr Frauen eine Beziehungsform für attraktiv erachten, die bis vor ein paar Jahrzehnten noch völlig undenkbar schien. Mit der Unabhängigkeit sind auch die Ansprüche des weiblichen Geschlechts gewachsen. Und dazu gehört, sich einzugestehen, zum Beispiel den Köper eines jüngeren Mannes attraktiver zu finden als den eines älteren. Heidi Klum, die gerade mit dem 17 Jahre jüngeren Bill Kaulitz turtelt, sagte dazu „Junge Männer sind einfach eher bereit, ein bisschen mehr Zeit im Kraftraum zu investieren“.
Darüber hinaus kann die besondere Energie eines jungen Mannes auch der Frau eine Frischzellenkur verpassen. Tatsache ist aber auch, dass genau dieses Modell noch immer stark tabuisiert ist und den Frauen nicht wirklich zugestanden wird, eine solche Wahl zu treffen. Die Freiburger Soziologin Stephanie Bethmann kann diesen allgemeinen Eindruck nur bestätigen: „Der Anblick einer älteren Frau mit einem jüngeren Mann oder auch einer großen Frau mit einem kleineren Partner an ihrer Seite ist ein unverzeihlicher Tabubruch. Solche Paare erschüttern geradezu die Ordnung unserer Gesellschaft. Denn sie machen sichtbar, dass eben nicht alle Frauen kleiner, schwächer und kindlicher sind als alle Männer.“
In Teil 2 unserer Beitragsreihe nennen wir 10 Gründe für eine Beziehung mit hohem Altersunterschied. Im dritten Teil stellen wir 11 prominente Paare mit großem Altersunterschied vor, die eine glückliche Beziehung führen oder geführt haben.
freier Journalist für die Berliner Zeitung, Mitteldeutsche Zeitung und das CarlMarie Magazin