Es gibt eine Zeit zwischen den Oktoberfesten in München bzw. Bayern, die gehört seit jeher den Gesprächen über Bierpreise, Trachten, Must-haves oder darüber, welche Prominenz sich die Ehre gibt, welche nicht, in welchen Zelten man wen treffen kann – und: Wie der offizielle Wiesen-Maßkrug aussieht.
Das wiederum ist zwar kein Thema, das die Zeltfundamente erschüttert, dieses Jahr ziert es den Tonkrug eine Maß, eine Brezn, ein Hendl, dazu ein Trachtenhut, das Riesenrad und Edelweißblüten sowie ein Lebkuchenherz mit dem Schriftzug „O’zapft is“. Aber seine Vorstellungen ist gemeinhin das Fanal für die verbleibenden Wochen bis zum Anstich. Dieses Jahr fand die Präsentation am 22. August statt, also knapp vier Wochen vor dem ersten Anstich am 16. September.
Sunny Magazin nutzt die Zeit ebenfalls, um euch auf einen Besuch vorzubereiten. Also darauf, was man als Frau tragen kann und was darunter, falls ihr euch für ein klassisches Dirndl entscheidet. Und wir geben euch ein paar Informationen mit an die Hand, die sich ganz nützlich erweisen könnten, wenn man plötzlich auf der Theresienwiese und ihrer historischen Schwester, der „Oide Wiesn“, mittendrin ist beim größten Bierzeltfest des Planeten.
Anstich und zwölf Böller – Wann beginnt und endet die Wiesn?
Ozapft, also angezapft durch einen Fassanstich, wird das Oktoberfest 2017 am Samstag, dem 16. September, um 12 Uhr mittags, nachdem die Wiesnwirte traditionell auf ihren Kutschwagen eingezogen sind. Traditionell findet der erste Bierfass-Anstich im „Schottenhamel“ statt, dem ältesten Festzelt auf der Wies’n. Der Einschlag des Zapfstutzens ist dem Münchener Oberbürgermeister vorbehalten, er reicht die Mass wiederum dem Ministerpräsidenten Bayerns, dann kracht es zwölf Mal, womit dann jeder andere Zeltbetreiber weiß: Jetzt darf ausschenken. Und zwar dieses Jahr 18 Tage lang bis einschließlich des Tages der Deutschen Einheit, also dem 3. Oktober. Damit endet das Fest.
A fesches Dirndl – Was tragen auf dem Oktoberfest?
Natürlich gilt: Frau trägt, wozu sie Lust hat. Wer sich allerdings anpassen will an die modischen Gepflogenheiten der Wiesn, der darf sich ruhig an einem Dirndl probieren.
Das Trachtenkleid besteht aus einem weiten Rock, der klassisch mit einer Schürze und einer weißen Bluse oder einem Mieder in Karo- oder Blumendekor kombiniert wird. Bezeichnend ist der weite Ausschnitt des Oberteils.
Übrigens, sollten dir jemandem begegnen, der dir als mögliche Nicht-Bayerin unterstellt, du dürftest kein Dirndl tragen, weil du ja „nicht von hier“ seist, dann kontere mit der Geschichte des weiblichen Wiesn-Ensembles. Das Dirndl ist zwar eine Hommage an die bayerische Volkskleidung aus Bayern. Entworfen aber wurde es in seiner heutigen Gestalt für urlaubende Frauen aus den großen deutschen Metropolen, aus Berlin oder Hamburg. Mitnichten also ist das Dirndl eine bayerische Spezialität. Das Gegenteil ist der Fall.
Das Wiesn-Dekolleté – Was tragen unter der Trachtenbluse?
Um ein ansprechendes und sogar aufreizendes Dekolleté zu inszenieren, kommt es vor allem auf das Darunter an. Entscheidend sind die Schnittform, die weit außen verlaufenden Träger und die Hebewirkung des BHs. Dafür gibt es spezielle Dirndl-BHs und entsprechende Dessous, die dem Anlass der so speziellen Bierfestivität angepasst sind.
Die Cups etwa bilden eine fast waagerechte Linie, denn der Ausschnitt verläuft nicht V-förmig, sondern rechteckig. Dieser fällt oft so tief und weit aus, dass die BH-Cups gut halten und gemoldet sein müssen. Eine zusätzliche Fütterung unterstützt die Wirkung.
Wer es gern aufreizend mag, der sollte seine Brust entsprechend inszenieren. Push-up-BHs bzw. Balconettes oder Büstenheben eignen sich. Je nach Beschaffenheit des Kleides und der Bluse bieten sich auch trägerlose Büstenhalter an.
Rechts, in der Mitte oder links – Wo sitzt die Dirndl-Schleife und was bedeutet das?
Dass ein Dirndl ein „Madl fesch“ mache, ist die schöne Auslegung der Gründe, warum es sich lohnt, auf der Wiesn in ein Trachtenkleid zu schlüpfen. Aber man sollte sich nicht darüber hinwegtäuschen, ein Dirndl, vor allem ein inszenierter Busen, macht die Blicke mancher Männer auch gierig.
Um zu verhindern, dass aus Blicken bierselige Avancen werden, kann Frau sich mit einer Schürzenschleife behelfen, die traditionell den Beziehungsstatus und die Bereitschaft zum Flirt oder nicht, bekundet. Dafür gibt es unterschiedliche Schleifenpositionen.
Die Schleife sitzt links am Rock: Dann ist die Trägerin noch „zu haben“. Die Schleife signalisiert, dass Frau ungebunden ist. Anbandeln ist also erlaubt oder gar erwünscht.
Die Schleife sitzt rechts: Dann gilt für Männer: Finger weg! Die Trägerin ist gebunden oder verheiratet. Apropos: Rechts sitzt die Schleife, weil früher der Mann links von der Frau ging und das Accessoire deshalb der Gefahr ausgesetzt, Schaden zu nehmen an schabenden Beinkleidern und Überrocksäumen.
Die Schleife sitzt mittig vorn: Früher deutete die Trachtenträgerin damit ihre „Jungfräulichkeit an.
Die Schleife sitzt mittig hinten: Dann ist die Trägerin verwitwet. Ihr dafür ein Beileid auszusprechen, erfordert allerdings ein ungetrübtes Auge. Denn auch die Kellnerinnen auf der Wiesn tragen ihre Schleifen so.
Wo die Schleife platziert wird, ist also eine Frage von Absicht und Status quo. Und los kann es gehen. Doch bevor das Ziel in eines der Festzelte bzw. die Vergnügungs- und Essensstände führt, lohnt es sich, ein paar Informationen einzusammeln, die sich bei einem nicht seltenen Gespräch über das Bierfest als nützlich erweisen können. Das solltest du wissen:
Wieso Wiesn bzw. Oktoberfest?
Das mittlerweile größte Volksfest der Welt findet auf der Theresienwiese statt. Deshalb: Wiesn. Und es wurde erstmals am 17. Oktober anlässlich der Vermählung des bayerischen Kronprinzen Ludwig mit Prinzessin Therese fünf Tage zuvor veranstaltet – und zwar als Pferderennen. Die Idee dazu soll vom Lohnkutscher und Unteroffizier der Nationalgarde, Franz Baumgartner, ausgegangen sein. Ob das so war, ist unter Historikern allerdings umstritten, feststeht nur, dass Baumgarters Pferd das Rennen gewann.
Ein Jahr später fiel das Fest aufgrund der Verwicklung der Bayern in die Napoleonischen Kriege aus, danach aber entwickelte es sich zum beliebtesten Volksfest der Münchener, weshalb ab 1819 die Stadtväter es in ihre Obhut nahmen.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hatte die Wies’n seine mehr oder weniger heutige Berühmtheit erlangt. Es war ein gewaltiges Fest, das Unmengen von Menschen anzog, die es sich nicht nehmen lassen wollten, einmal in den Genuss von gewaltigen Biermengen und Brezeln, Weißwürsten, Hähnchen und Volksmusik zu kommen. Da es im Oktober aber meist schon kühl war, wurde das Fest kurzerhand in den Altweibersommer verlegt, weshalb nur noch die letzte Woche traditionell in den Oktober fällt.
Wies’n oder Wiesn – der polarisierende Apostroph
Oft findet man die Wiesn mit einem Apostroph in der Schreibweise Wies’n vor. Das aber ist falsch. Im bayerischen bezeichnet Wiesn Wiese und nicht den Plural Wiesen. Das heißt, es braucht keinen Apostroph, um einen Buchstaben, in diesem Fall ein „e“ zu ersetzen.
Wie bayerisch ist die Wiesn noch?
Die Münchener sind Traditionsbewahrer. Auch wenn das Oktoberfest mittlerweile an manchen Abenden die Gestalt einer mallorquinischen Ballermannfeierei angenommen hat, versuchen die Organisatoren den Geist der Festwiese zu wahren. Dafür gibt es am Südende der Theresienwiese die „Oide Wiesn“. Auf dem gut 5h kleinen Gelände präsentiert sich das Oktoberfest im historischen Gewand. Es wird bereits einen Tag früher mit einem Fassanstich eröffnet.
Und das mit Oktoberfestbier, das zu verkaufen nur den Traditionsbrauereien Münchens gestattet ist. Derzeit sind das Spatenbräu, Augustiner, Hacker-Pschorr, Löwenbräu und Paulaner, die 14 kleinere und 15 größere Festzelte betreiben bzw. beliefern. Das Bier wird eigens für das Oktoberfest gebraut, muss eine Stammwürze von 13,5 Prozent haben. Der Alkoholgehalt schwankt zwischen 5,8 Prozent (Hacker-Pschorr) und 6,3 Prozent (Hofbräu), was nach einer Maß bereist einen Promillegehalt von über ein Prozent ergibt. Vorsicht ist also geboten.
Was geht ab? Die Wiesn in Zahlen
- Um die sechs Millionen Besucher kommen jährlich auf das Oktoberfest. Sie geben zusammen um die eine Milliarde Euro aus. Zuletzt waren die Besucherzahlen leicht rückläufig. Der Rekord mit 7,1 Mio. Besuchern wurde 1985 aufgestellt.
- Aktuell kostet eine Maß Bier etwas weniger als elf Euro. Zum Vergleich: 2001 waren es noch knapp sechs Euro, weshalb es jedes Jahr wieder Diskussionen um den Bierpreis gibt. So auch dieses Jahr. Kritiker monieren, das Oktoberfest verliere zusehends seinen Volksfestcharakter und diene lediglich noch dem Reibach der Zeltbetreiber. Was die verdienen, ist nicht verbrieft, ein Steuerhinterziehungsprozess 2014 gegen den Wirt des Hippodroms, Sepp Krätz, allerdings ergab, dass er 2012 3,3 Mio. Euro Umsatz und einen Nettogewinn von 1,5 Mio. Euro erwirtschaftet hatte. Nota bene: Das Hippodrom ist ein vergleichsweise kleines Zelt.
- Alljährlich werden auf der Wiesn in 144 Gastronomiebetrieben rund 6,5 Millionen Liter Bier und 500.000 Brathendl verzehrt. Der Bierkonsumrekord liegt bei 7,7 Mio. Liter Bier aus dem Jahr 2014.
- Die größte Festhalle (inklusive Biergarten) ist das Hofbräuzelt. Es bietet 11.000 Sitzplätze. Insgesamt können um die 110.000 Gäste auf dem Oktoberfest zur gleichen Zeit Platz nehmen.
- Neben Essen und Trinken, Tanzen und Flirten, steht das Oktoberfest auch für seine Attraktionen – dem Riesenrad etwa, dem Schichtl oder Pitts Todeswand. Viele Schausteller sind schon seit Generationen vor Ort. Es gibt an die 200 Schaustellerbetriebe, gut 80 sind Fahrgeschäfte.
Sicherheit – Wer hilft in Ausnahmesituationen?
Es ist das unschöne Thema der Wiesn: die Übergriffe von Männern auf Frauen. 31 Sexualdelikte zählten die Behörden im Vorjahr, maßgeblichen Anteil daran hat der nicht regulierte Konsum von Alkohol. Hinzu kommen jährlich an die 200 Fälle, in denen Frauen in Krisen- oder Notsituationen geraten. Etwa, wenn sie ihre Gruppen verlieren. Um so schnell und effizient wie möglich zu helfen, gibt es speziell einen Krisendienst für Frauen. Von Frauen. Diese sind ab diesem Jahr erstmals mit Funkgeräten ausgerüstet, um noch schneller ihre Hilfe anbieten zu können. Dafür gibt es einen Security Point für Mädchen und Frauen. Er befindet sich hinter dem Schottenhamelzelt und ist täglich von 18 bi 1 Uhr erreichbar. Während der Oktoberfestzeit kann man ihn auch unter 089 / 50222366 erreichen.
Zum Schluss noch ein paar Tipps für einen sicheren Wiesnbesuch:
- Auf dem Oktoberfest kommen an manchen Tagen bis 600.000 Menschen zusammen. In diesem Gedränge kann man sich leicht verlieren. Mach vorher einen Treffpunkt aus, wenn das passieren sollte.
- Handtaschen und Rucksäcke gehen leicht verloren oder werden geklaut. Trage daher Geld, Handy, Schlüssel und Hoteladresse wenn möglich am Körper.
- Bei Überfüllung der Zelte kann es sein, dass du nicht wieder hineingelassen wirst. Die wichtigsten persönlichen Dinge solltest du beim Verlassen deshalb bei dir tragen.
- Das Bier auf der Wiesn ist besonders stark. Iss zwischendurch immer mal was und trink auch etwas Alkoholfreies.
- Vorsicht vor K.o.-Tropfen: Sie machen handlungsunfähig und bewusstlos. Auch auf der Wiesn werden jedes Jahr Verdachtsfälle bekannt.
- Auch auf dem Heimweg passieren sexuelle Übergriffe. Es ist sinnvoll, sich vorher einen sicheren Heimweg zu überlegen.
- Solltest du belästigt oder begrapscht werden, wende dich umgehend an die Polizei. Oder an Personen, die in deiner Nähe stehen.
- Meide zu später Stunde Orte, an denen es kein Licht gibt oder keine Menschen.
freier Journalist für die Berliner Zeitung, Mitteldeutsche Zeitung und das CarlMarie Magazin