Endlich schlank – Hilft Kavitation beim Fettabbau?

Waage und Maßband
©Pixabay/TeroVesalainen
Ist das denn die Wirklichkeit! Abnehmen ohne schweißtreibende Workouts in Fitnessstudios. Ohne den Verzicht auf Süßes, Herzhaftes, auf Kohlenhydrate und ungesättigte Fettsäuren. Geht das?

Alternativen zum klassischen Gewicht verlieren durch viel Sport und wenig Essen gab es in der jüngeren Vergangenheit en masse. Und wer hat nicht schon mit ihnen geliebäugelt? Wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. in ihrem Bericht 2016 resümierte, sind 59 Prozent der Männer und 37 Prozent der Frauen hierzulande übergewichtig. Am Ende eines Arbeitslebens schnellen die Zahlen sogar nach oben. Mit dem Eintritt in die Rente tragen 74,2 Prozent der Männer zu viel Gewicht mit sich herum. Bei den Frauen sind es 56,3 Prozent.
Meist aber erwiesen sich die alternativen Abnehm-Methoden als wirkungslos. Oft teuer. Manchmal gesundheitsgefährdend. Seit geraumer Weile ist nun ein neues Wundermittel auf dem Markt. Es nennt sich Kavitation (englisch: cavitation), beschreibt eine technische Methode und stellt in Aussicht, ungeliebte Fettpölsterchen im Nu zum Schmelzen bringen zu können. Und zwar mit Hilfe von Ultraschallwellen, die Fettzellen schonend platzen lassen.
Eine Behandlung dauert ca. 40 Minuten. Sie kostet um die 140 Euro. Ärzte bieten sie an. Kosmetikstudios auch. Überall ist die Methode gleich – und auch das Versprechen, unsere Figurprobleme im Liegen lösen zu können. Nicht vollständig, aber doch sichtbar. Drei bis fünf Zentimeter weniger Umfang an Oberschenkeln oder Hüften sei mit Kavitation möglich, heißt es.
Ist dieses Versprechen vollmundig? Oder seriös? Geht das, schlank werden mit Ultraschall? Sunny Magazin beantwortet alle wichtigen Fragen zum Thema Kavitation. Wie ein wirksamer Fettabbau durch Ultraschallwellen theoretisch funktioniert. Wie in der Praxis. Ob es Nebenwirkungen gibt. Ob es Schmerzen verursacht. Was Kavitation kostet. Und schließlich: Was sie bringt.

Was ist Kavitation – in der Theorie?

Der Begriff stammt ursprünglich aus der Physik. Wird ein Gegenstand mit hoher Geschwindigkeit durch eine Flüssigkeit bewegt, zum Beispiel eine Schiffsschraube, dann entstehen in seinem Umfeld aufgrund von Druckausgleichsprozessen kleine Dampfbläschen, die, sobald sie in eine neue Druck-Situation gelangen, kollabieren bzw. implodieren. Dabei kommt es wie bei einer Explosion zu hohen Temperaturen und Drücken von bis zu 1000 Bar. Diesen Vorgang nennt man Kavitation. Das Wort ist lateinischen Ursprungs und meint in der Übersetzung von cavitare „aushöhlen“.
Die kosmetische Methode der Kavitation macht sich dieses Blasenbildungsverhalten von Flüssigkeiten zunutze. Sie erzeugt mit Hilfe von Ultraschallwellen Schwingungen im Fettgewebe und damit Druckschwankungen. In der Folge bilden sich Fettbläschen, die implodieren und als Flüssigkeit vom Körper ausgeschwemmt werden. So weit die Theorie.

Wie funktioniert die kosmetische Kavitation in der Praxis?

Unser Fettgewebe besteht aus Fettzellen, den sog. Adipozyten. Diese Zellen synthetisieren Fette und speichern sie in Form von Lipidtropfen. Sind wir schlank, dann tragen wir an die 40 Milliarden diese Tropfen in uns. Sind wir beleibter, dann können es bis zu 120 Milliarden sein. Etwa 70 Prozent dieses Fettgewebes befindet sich in der Unterhaut. Dort setzt die kosmetische Kavitation an.
Mittels Ultraschallschwingungen werden die Fettzellen zum Schwingen gebracht und damit zum Zerplatzen. Dabei entsteht ein Fett-Wasser-Gemisch, dass von der Leber verarbeitet oder vom Körper ausgeschieden wird. Um ein sichtbares Ergebnis zu erzielen, sollten an die sechs Behandlungen veranschlagt werden. Danach, so das Versprechen von KosmetikerInnen und ÄrztInnen, schrumpft der Umfang von Bauch, Hüfte, Beinen und Po um bis zu fünf Zentimeter. Das entspricht in etwa einer Kleidergröße.

Cavitation Behandlung
Ultraschallkavitation – ein wirksames sowie völlig schmerzfreies, sogar wohltuendes Verfahren zur Reduktion von Fettpolstern©istockphoto/Carol_Anne

En detail funktioniert das Verfahren so: Bei einer Kavitationssitzung werden die Hautstellen, unter der sich das problematische Fettgewebe befindet, mit einem Kavitationsgerät leicht massiert. Das ist nicht anders als bei einer Ultraschall-Untersuchung. Die Behandlung dauert zwischen 40 Minuten und einer Stunde. Anschließend kann man problemlos nach Hause gehen. Man sollte lediglich viel trinken oder auf eine Lymphdrainage setzen, damit das verflüssigte Fettgewebe aus dem Körper geschwemmt werden kann. Und Vorsicht: keine fettreiche Nahrung in den Tagen danach zu sich nehmen. Sonst ist der Effekt schnell wieder dahin.
Übrigens: Hin und wieder wird in Kosmetikpraxen auch ein sog. Kavitationspeeling angeboten. Mit einer Tiefengewebe-Behandlung durch die gezielte Implosion von Fettbläschen hat das aber nur bedingt zu tun. Lediglich der Einsatz von Ultraschall ist gleich.

Gibt es Nebenwirkungen oder Risiken?

Im Grunde genommen nicht. Das Verfahren gilt als schmerz- und nebenwirkungsfrei. Es ist also deutlicher sanfter als Fettabsaugen, bei dem Fett operativ entfernt wird. Lediglich Schwangere, stillende Mütter, Menschen mit Herz-, Nieren- und Lebererkrankungen sowie Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) über 30 sollten Abstand davon nehmen. Auch bei Lipödem (Fettverteilungsstörung) ist das Verfahren kaum hilfreich. Bei einer unsachgemäßen Handhabe der Kavitationsmaschinen kann es unter Umständen zudem zu kleinen Blutergüssen, leichten Schwellungen sowie muskelkaterähnlichen Schmerzen kommen. Die aber gehen nach ein paar Tagen von allein weg.

Gibt es verschiedene Verfahren?

Die gibt es. Es werden zwei unterschieden. Einmal das MedContour-Verfahren und einmal LipoSonix. Beim Med-Contour-Verfahren werden die Ultraschallwellen nur im Niederfrequenz-Bereich ins Fettgewebe geleitet. Dabei kommt es zur oben beschriebenen sanften Kavitation. Also der gezielten Implosion der Fettzellen durch das Erzeugen von unterschiedlichen Drucksituationen durch Schwingung. Das Verfahren ist ungefährlich und darf deshalb nach einer Schulung von ÄrztInnen und KosmetikerInnen gleichermaßen angewandt werden.
Die zweite Methode hingegen ist nur etwas für fachärztliches Personal. Beim LipoSonix-Verfahren kommen nämlich hochfrequente Ultraschallwellen zum Einsatz. Diese erzeugen im Untergewebe sehr hohe Temperaturen. Das Fett wird dabei im wahrsten Sinne des Wortes geschmolzen. Das Liposonix-Verfahren ist deshalb allerdings keine Kavitation, was übrigens auch für die Lipolyse oder die Kryolipolyse gilt.
Bei der Kryiolipolyse nämlich werden die Fettzellen unter der Haut gezielt mit Kälte behandelt. Dabei kristallisieren die Fetttröpfchen und geben ihr Speicherfett ab, das anschließend vom Körper abgebaut werden kann.
Bei der Lipolyse mit Injektionen, auch bekannt als Fett-weg-Spritze, werden wiederum kleine Mengen von Wirkstoffen in das Fettareal eingespritzt, die an der natürlichen Fettverdauung beteiligt sind. Also etwa Phosphatidylcholin oder Desoxycholansäure. Diese Stoffe sollen an der behandelten Stelle die Fettverdauungsprozesse des Körpers unterstützen.

Mit Kavitation und Ernährungsumstellung zur Wunschfigur
Eine Ernährungsumstellung hilft dabei, dem Ziel näher zu kommen. ©Pixabay/stevepb

Was kostet eine Kavitationsbehandlung?

Das variiert natürlich von Anbieter zu Anbieter. Man sollte sich aber darauf einstellen, dass für eine Sitzung um die 130 Euro verlangt wird. Da mindestens sechs empfohlen werden, kommen schnell an die 800 Euro zusammen. Mittlerweile aber haben sich manche Anbieter auf die Nachfrage eingestellt und bieten Paketpreise an. Einer aus Dresden etwa bietet seinen KundInnen folgende Preise. Für eine Erstberatung verlangt er 59 Euro inklusive einer kompletten Behandlung und einer Geld-Zurück-Garantie, sollte der spürbare Erfolg ausbleiben. Jede weitere Sitzung würde 139 Euro kosten. Es sei denn, man entscheidet sich für ein Paket. Acht Sitzungen kosten dann nur noch 116 Euro je Behandlung. Zehn Sitzungen 99 Euro, und zwölf Sitzungen lediglich 89 Euro.

Hilft Kavitation, um tatsächlich abzunehmen?

Es ist die alles entscheidende Frage: Kann man abnehmen mit Ultraschall? Und ihre Antwort lautet: ja wie nein. Es geht ihr nämlich ein Missverständnis voraus. Und zwar wird nicht unterschieden zwischen dem Verlust von Gewicht, also dem klassischen Abnehmen. Und der Reduktion von Fettpolstern an bestimmten Stellen, dem sog. Figur-Modelling.
Kavitation ist Figur-Modellieren. Das Verfahren setzt gezielt bei Fetteinlagerungen an Oberschenkeln (den sog. Reiterhosen), an der Hüfte, Bauchfett, an den Oberschenkel-Innenseiten, den Oberarmen sowie an Knien und Waden an. Alle diese Stellen lassen sich mit Sport und Ernährung nämlich allein nur schwer beseitigen. Oft gar nicht.
Methoden wie Kavitation sind deshalb per se kein Unfug, wie vielerorts behauptet wird. Allerdings sollte jede Frau, die sie in Erwägung zieht, vor Augen haben, dass die Behandlung kostspielig ist. Und dass sie um eine Umstellung der Ernährung oder ihrer Bewegungsgewohnheiten nach einer Behandlung mit Kavitation nicht herum kommt. Denn bei den meisten Kontur-Modelling-Verfahren wird das Fett nicht abgebaut, sondern nur in einen anderen Zustand versetzt. Der Körper muss die Behandlung also vollenden. Und das kann er am besten, wenn man ihm dabei hilft. Ob mit einer Lymphdrainage. Mit vielem Trinken. Weniger Essen. Und sowieso ganz viel Bewegung.

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Von nichts kommt nichts! Ganz auf Sport verzichten kann man nach einer Behandlung mit Kavitation leider nicht. ©Pixabay/Pexels

Wer sich also dafür entschieden hat, abzunehmen und seine Linien wieder zu schärfen, und der trotzdem feststellen muss, dass manche Kontur mit Sport und gesunder Ernährung allein sich nicht wie gewünscht verändern lässt, der darf gern ausprobieren, ob eine andere Methode nicht helfen kann. Und dass Kavitation den ungeliebten Fettpölsterchen zu Leibe rücken vermag, ist zwar nicht immer gewährleistet, aber bei weitem auch nicht per definitionem Schmu. Die Frage ist also nicht unbedingt: Bringt Kavitation etwas? Sondern: Was vermag es – und was nicht?