Keine grell bunte Aerobic-Leggins in den 70er Jahren, keine Stretch-Jeans in den 80er Jahren und kein Sport-BH unserer Tage wäre ohne das geschmeidige und extrem dehnbare Material möglich gewesen. Formbeständig, leicht färbbar und enorm elastisch findet Elastan seine Verwendung überall dort, wo es um Formgenauigkeit und Geschmeidigkeit geht. Ob bei Socken oder Strumpfhosen, bei Bademode oder Sportbekleidung – Elastan ist mit dabei.
Was ist Elastan?
Stark vereinfacht gesagt, ist Elastan eine Mischung aus Plastik und Gummi. Dabei handelt es sich um ein leichtes, synthetisches Gewebe mit einzigartigen Fähigkeiten. Denn Elastan ist so dehnbar, dass es sich bis zu 600 Prozent in die Länge ziehen lässt, um danach – ähnlich wie Gummi – wieder in die ursprüngliche Form zurückzukehren. Diese zentrale Eigenschaft hat sich auch von Anfang an in den verschiedenen Bezeichnungen dieser Faser niedergeschlagen. Im vor allem im deutschsprachigen Raum verwendeten Begriff Elastan (oder auch Elasthan) ist der Hinweis auf die hohe Elastizität ebenso enthalten, wie in der englischen Bezeichnung Spandex, welche ein Anagramm von „expand“, dem englischen Wort für „dehnen“ oder „ausdehnen“ ist. Während eine Vielzahl von Rohstoffen verwendet wird, um elastische Spandexfasern herzustellen, sind es vor allem zwei Polymere, die dem Elastan seine außergewöhnlichen Eigenschaften verleihen. Für die Festigkeit sorgt das sogenannte Polyurethan. Nach dem europäischen Textilkennzeichnungsgesetz muss eine Faser mindestens zu 85 Prozent aus dieser Verbindung bestehen, um als Elastan oder Spandex bezeichnet werden zu können. Für die starke Dehnbarkeit der Kunstfaser ist wiederum ein Polymer namens Polyethylenglykol verantwortlich. Die elastischen Kunstfasern sind außergewöhnlich gut färbbar, abriebfest sowie einfach zu schneiden und zu nähen. Und obwohl Elastan auch ganz allein zum Weben von Stoffen verwendet werden kann, wird es doch in den meisten Fällen mit natürlichen Fasern wie Baumwolle und Wolle sowie anderen synthetischen Fasern wie Polyester oder Nylon kombiniert, um diesen seine dehnbaren Eigenschaften zu verleihen. So besteht zum Beispiel die berühmte Stretch-Jeans lediglich zu 2 Prozent aus Elastan.
Fibre K, das französische Olympia-Team und ein Erpressungsversuch
Als Vater von Spandex oder Elastan gilt der Amerikaner Joseph Shivers, der beim Chemiekonzern DuPont 1959 als Erster ein Verfahren zur Massenproduktion von Polyurethan entwickelt hatte. Zunächst kam das Garn als Fibre K auf dem Markt. Doch schon 1962 wurde es unter der Markenbezeichnung „Lycra“ vertrieben. Als besonderer Glücksfall erwies sich die neue Kunstfaser für unsere Mütter und Großmütter, denen es als Ersatz für unbequemes Gummi in der Damenunterwäsche diente. Das Elastan, Spandex oder Lycra war leichter, widerstandsfähiger und darüber hinaus deutlich wasch-, scheuer- und schwitzbeständiger als Gummi. Vor allem bei Badehosen und -anzügen sowie bei Korsetts und Bodies sorgte es für einen bequemeren Sitz und einen natürlicheren Look. In den 60er Jahren erlebte Elastan einen regelrechten Boom und fand sich vor allem auch in figurschmeichelnder Sport-Mode wieder.
1968 zeigte sich zum Beispiel das französische Team für die Olympischen Winterspiele im heimischen Grenoble komplett in Lycra. Ein Modetrend, der auch von den Schwimmern vier Jahre später fortgesetzt wurde.
Die Welt befand sich da längst im Disco-Fieber und die schwarzen Lycra-Leggins von Olivia Newton-John im Film „Grease“ wurden zur bevorzugten Dancewear. Ein besonderer Hingucker wurde Elastan dann in der Blütezeit von Aerobic. Was wäre Jane Fonda beim Workout ohne Lycra-Body gewesen? Und nicht zu vergessen Madonna, die es in den 80ern schaffte, elastische Sportbekleidung und Elastan-Unterwäsche als Oberbekleidung cool aussehen zu lassen. Elastan hatte Ende der 80er Jahre weltweit die Bekleidungsindustrie erobert und wurde als Technologie 1989 sogar zum Gegenstand eines Erpressungsversuches. Fünf Mitarbeiter des DuPont Werkes in Mercedes (Argentinien) hatten firmeneigene Herstellungs-Dokumente für die Lycra-Faser gestohlen und von der Mutterfirma zehn Millionen Dollar für ihre sichere Rückgabe verlangt. Nach einer weltweiten Verfolgungsjagd konnte die Schweizer Polizei die Täter am Ende samt der brisanten Akten auf einem Parkplatz in Genf festsetzen.
Elastan, Spandex, Lycra – was ist der Unterschied?
Bei der Bezeichnung der elastischen Kunstfaser kommt es immer wieder zu Missverständnissen. Doch eigentlich benennen sowohl Elastan, als auch Spandex und Lycra das gleiche Material. Spandex wird der Stoff im allgemeinen in der englischsprachigen Welt genannt. In den nicht englischsprachigen Ländern, vor allem in Europa spricht man hingegen von Elastan. Lycra ist der geschützte Name des Elastan der Mutterfirma DuPont, die diesen allerdings mittlerweile an das Unternehmen Invista verkauft hat. Elastan wird auch von zahlreichen anderen Unternehmen weltweit produziert und unter eigenen Markennamen wie Elaspan, Linel, ROICA oder ESPA vertrieben. Neben DuPont ist allerdings keine Firma so lange in die Elastan-Produktion involviert wie die Bayer AG. Schon 1965 kamen die Leverkusener mit dem Produkt Dorlastan auf den Markt, welches vor allem von adidas und Puma für Radlerbekleidung verwendet wurde.
Ideal mit Elastan – Sport-BH, Badeanzug und Yogahose
Heute ist es kaum noch vorstellbar, in einer Welt zu leben, in der sich Stoffe nicht ordentlich dehnen lassen. Keine Yogahose, kein Sport BH und kein Badeanzug kommt mehr ohne Elastan aus. Angesichts der vielen nützlichen Eigenschaften der Kunstfaser ist es deshalb nicht weiter verwunderlich, dass vor allem der Bereich der Sportbekleidung vorwiegend auf Elastan setzt. Wenn es zum Joggen, Yoga oder Schwimmen geht, ist es eben wichtig, dass die Sportbekleidung richtig sitzt und auch die intensivsten Bewegungen mitmacht. Der Stoff muss dann vor allem atmungsaktiv und schweißdurchlässig sein. Nichts stört mehr, als wenn sich das Textil innerhalb von kürzester Zeit klitschnass anfühlt. Anforderungen die Elastan leicht erfüllt.
Ein besonders universell einsetzbarer Elastan-Klassiker ist dabei der Sport-BH. Denn nur er gibt den Brüsten auch bei intensivsten Bewegungen den richtigen Halt. Dabei gibt es mittlerweile so atmungsaktive Elastanstoffe, dass der Sport-BH auch im normalen Alltag tauglich ist. Neben der hohen Funktionalität können Sport-BHs dabei auch richtig cool und stylish aussehen. Für viele Frauen ist der Sport-BH aus Elastan dabei so unverzichtbar geworden, dass er selbst als Bikini-Oberteil Verwendung findet. Allerdings sollte FRAU nicht vergessen, dass der Sport-BH, so bequem er aufgrund seines hohen Elastan-Anteils auch ist, das Problem mit großflächigen Bikinistreifen mit sich bringt. Wer also eine schöne durchgehende Bräune vom Sonnenbad mitbringen will, sollte vielleicht doch lieber auf ein klassisches Bikini-Oberteil setzen.
Das ist die richtige Pflege für Elastan
Damit die Elastan-Textilien ihre elastischen Eigenschaften so lange wie möglich behalten, ist es wichtig, ein paar Regeln bei Wäsche und Pflege einzuhalten. Damit zum Beispiel Leggins oder Yogahosen ihre enge Form behalten, sollten sie nur nach jedem zweiten Tragen gewaschen werden. Es empfiehlt sich hier der Feinwaschgang. Außerdem sollte Sorge getragen werden, dass das Textil danach auch wirklich durchtrocknen kann. Der Sport-BH sollte bei nicht mehr als 40 Grad und ohne den Einsatz von chlorhaltigem Waschmittel gereinigt werden. Weichspüler hinterlassen bei Elastan übrigens einen Rückstand, der Bakterien anziehen kann, die wiederum einen unangenehmen Geruch hinterlassen. Bei einem hohen Anteil von Elastan sollte auch das Bügeln vermieden werden, da es ansonsten zum Schmelzen der Kunststofffasern kommen kann. Eine schnelle Reinigung per Hand empfiehlt sich bei öligen Flecken, da diese bei längerer Einwirkung ansonsten kaum noch zu entfernen sind.
freier Journalist für die Berliner Zeitung, Mitteldeutsche Zeitung und das CarlMarie Magazin
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